Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

Meinungen und Artikel zu Bildung & Weiterbildung

Die Milleniumsgeneration – Erfolg in Bildung und Beruf?

Eine Analyse der Gehaltsdatenbank LIS weltweit zeigt: Vor 30 Jahren hatten junge Erwachsene mehr als der Durchschnitt auf ihrem Gehaltskonto, heute verdienen sie weniger als der Schnitt.

Der amerikanische Politikwissenschaftler Malcom Harris hat ein Buch über die jetzigen Berufsanfänger, die um die Jahrtausendwende geboren wurden, veröffentlicht. In einem Interview mit der ZEIT legte er einige seiner Schlussfolgerungen dar.

Ein gängiges Klischee über diese „Millennials“ lautetet: "Die Ich-Ich-Ich-Generation“, sie kleben an ihren Smartphones und machen Selfies.

Zum einen heißt es, sie sind faule Narzissten, die immer noch bei ihren Eltern wohnen und zum anderen, sie haben die hohen Ansprüche, die man an sie stellt verinnerlicht und sind sehr leistungsorientiert und zielstrebig auf den persönlichen Erfolg ausgerichtet.

Tatsache ist, dass mehr als 20 Prozent junger Menschen in den Industrienationen unter prekären Verhältnissen leben. Junge Menschen nehmen Medikamente gegen Depressionen und Angststörungen mehr als jemals zuvor. Nicht erst die Smartphones haben sie verändert. Gründe für die Entwicklung lassen sich bereits in den siebziger Jahren finden, zum Beispiel in der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und der Schwächung von Gewerkschaften.

Die Millennials werden als unsere menschliche Kapitalanlage gehandelt (sie sollen ja letztlich auch die Rente der vorhergehenden Generation finanzieren): Von keiner Generation zuvor wurde derart erwartet, von früh an ihr „Humankapital“ zu mehren. Junge Menschen und ihre Eltern müssen heute viel mehr Geld, Zeit und Anstrengung in ihre Ausbildung stecken als früher. Dass Menschen mit einer guten Ausbildung bessere Karten auf dem Arbeitsmarkt haben, ist nicht neu. Aber der Aufwand ist heute viel höher. Die Ungleichheit ist größer und mit ihr die Konsequenzen, sollte man auf der falschen Seite der Sozialen Schere landen.

In den sechziger Jahren konnten Menschen auch ohne ein Studium sicher sein, einen guten Job zu bekommen und genug Geld zu verdienen. Dies hat sich geändert. Daher lockte man Menschen mit dem Versprechen an die Uni: Ihr werdet es besser haben als alle Generationen vor euch, wenn ihr euch in der Schule und in der Uni anstrengt. Aber es hat sich nicht bewahrheitet. Heute muss mehr investiert werden, bevor man in den Job startet. In den USA verbrachten Kinder Anfang der 2000er Jahre dreimal mehr Zeit mit Hausaufgaben als in den achtziger Jahren. Aber auf dem Arbeitsmarkt wurde diese Anstrengung nicht honoriert. Der heutige durchschnittliche Berufsanfänger verdient im Vergleich weniger Geld als vor 30 Jahren – trotz des höheren Anteils an Studierten.

Wissenschaftler der FU Berlin haben herausgefunden, dass Berufsanfänger in den neunziger Jahren etwa so viel Geld hatten wie der Durchschnittsdeutsche. Heute haben sie 25 Prozent weniger als der Schnitt und sollten trotzdem froh sein, denn Schulabgänger ohne eine qualifizierende Berufsausbildung haben heutzutage so gut wie keine Chance mehr auf eine Anstellung.

Aus den gestiegenen Anforderungen resultiert auch ein anderes Phänomen unserer Zeit: Helikoptereltern. Ihnen wird unterstellt, sie hätten einfach zu viel Zeit und Geld, was sie dann eben in ihr Kind stecken und damit allen Beteiligten das Leben schwermachen. Das mag in Einzelfällen zutreffen, aber oft sehen die Eltern keine Alternative.

Ein System, das Kinder wie menschliche Kapitalanlagen behandelt, zwingt Eltern, Erziehung als „Risikomanagement“ zu betreiben. Die Angst, dass das Kind scheitert, ist groß. Für viele Mütter ist es ein aufreibender Zweitjob, ihren Kindern den besten Start zu ermöglichen. Früher haben Unternehmen noch viel mehr in die Ausbildung von Mitarbeitern zu Fachkräften investiert. Heute ist jeder angehalten, sich selbst zur perfekten Fachkraft auszubilden. Ein Indiz hierfür sind auch die unzähligen hoch spezialisierten Bachelorstudiengänge (Beispiel: „Urbanes Pflanzen- und Freiraummanagement“).

Harris empfiehlt daher: „Wenn junge Menschen wirklich schlau sind, werden sie das System ändern. Die Art und Weise, wie es jetzt funktioniert, ist nicht in ihrem Interesse – und auch nicht im Interesse der meisten Menschen.“

„Das Bruttoinlandsprodukt wächst zwar wieder in den meisten Ländern jedes Jahr. Aber das sagt nicht aus, wie glücklich die Menschen sind.“  

   
Lesen Sie mehr zum Thema hier -  Bericht in der ZEIT

 

zurück